Auf den Spuren von Sherlock Holmes

Zu den berühmtesten Kreationen der englischen Literatur gehört zweifellos Meisterdetektiv Sherlock Holmes. Spätestens seit dem riesigen Erfolg der neuen BBC-Fernsehserie Sherlock ist sein Museum in der Londoner Baker Street wieder täglich überlaufen.

Der Mann hinter Sherlock Holmes

Erfunden wurde der legendäre Detektiv von Arthur Conan Doyle, geboren als Sohn eines Engländers und einer Nordirin im schottischen Edinburgh. Bereits mit neun Jahren wurde der kleine Arthur auf ein Internat in Lancashire geschickt und verbrachte als Teenager ein Jahr im österreichischen Feldkirch, wo er Deutsch lernte.

Später studierte Doyle Medizin und Botanik in Edinburgh und schrieb nebenbei die ersten Kurzgeschichte. 1879 wurde „The Mystery of Sasassa Valley“ im Chamber’s Edinburgh Journal veröffentlicht. Im gleichen Jahr verfasste er außerdem einen Artikel über die Pflanze Gelsemium als potenzielles Gift, ehe er als Schiffsarzt die Welt erkundete. 1882 ließ er sich schließlich als Arzt in Portsmouth nieder, hatte jedoch wenig Erfolg. Also begann er wieder Kurzgeschichten zu schreiben.

Sherlock Holmes kommt auf die Welt

1887 veröffentliche Doyle schließlich mit „A Study in Scarlet“ (Eine Studie in Scharlachrot) die erste Kurzgeschichte um seinen scharfsinnigen Meisterdetektiv Sherlock Holmes. Wahnsinnig originell war das übrigens nicht, denn als Vorbild dienten ihm unter anderem die bereits existierenden Detektive C. Auguste Dupin von Edgar Allan Poe und Monsieur Lecoq von Emile Gaboriau. Eine weitere Inspiration war der Chirurg Joseph Bell, mit dem Doyle in Edinburgh zusammenarbeitete. Er war bekannt dafür, kluge Rückschlüsse aus winzigen Hinweisen zu ziehen.

Aus heutiger Sicht wäre Sherlock Holmes wohl kaum tragbar, denn er rauchte nicht nur Pfeife und andere Tabakprodukte, sondern zog sich auch regelmäßig die damals legalen Drogen Kokain und Morphium rein.

Den großen Durchbruch erlebte Doyle 1891 als sechs Geschichten um Sherlock Holmes im Strand Magazine veröffentlichte, die in Großbritannien und den USA reißenden Absatz fanden. Als er seinen Meisterdetektiv 1893 in „The Final Problem“ umbrachte, ging ein derartiger Aufschrei durch’s Land, dass Doyle die Entscheidung wieder rückgängig machen musste und weitere Geschichten erfand.

Sherlock Holmes in der Popkultur

2008 gaben in einer Umfrage 58% der befragten britischen Teenager an, sie glaubten, dass Sherlock Holmes tatsächlich gelebt habe. Bis heute kommen körbeweise Post an seiner Adresse 221B Baker Street in London an. Das Zitat „Elementary, my dear Watson“ kennt jeder – und doch kam es niemals in einer der insgesamt 56 Kurzgeschichten vor.

Sherlock Holmes steht außerdem im Guinness Buch der Rekorde als am häufigsten in Film und Fernsehen verewigte literarische Figur. Er wurde bereits von über 75 Schauspielern verkörpert. Zwischen 1939 und 1946 entstanden 14 Hollywood-Filme mit Basil Rathbone als Holmes, der das weithin bekannte Klischeebild von Sherlock Holmes mit Deerstalker-Mütze und Pfeife prägte.

Für frischen Wind sorgten zu Beginn des neuen Jahrtausends zwei sehr unterschiedliche Produktionen. Der actiongeladene Hollywoodfilm mit Robert Downey Jr als Sherlock Holmes und Jude Law als Watson und vor allem die neue BBC-Fernsehserie „Sherlock“ mit Benedict Cumberbatch und Martin Freeman. In dieser wurde die Handlung einiger der bekanntesten Kurzgeschichten in das London der Gegenwert verlegt und brachten so ordentlich frischen Wind in die etwas angestaubten Erzählungen. Noch weiter ging die US-Serie „Elementary“, in der neben Johnny Lee Miller als New Yorker Sherlock Lucy Liu eine weibliche Dr. Joan Watson verkörperte.

Das Sherlock Holmes Museum

Das ungebrochene Interesse an Sherlock Holmes beschert der Adresse 221B Baker Street regen Zulauf. Amüsanterweise gab es diese Hausnummer gar nicht, als Doyle sie für die Adresse seines Detektivs nutzte, denn im späten 19. Jahrhundert war die Baker Street wesentlich kürzer. Nach der Verlängerung zog die Versicherung Abbey National in das neue Gebäude mit der Hausnummer 219-229 und bekam darum auch die ganze Fanpost für Sherlock Holmes. Sie stellte einen eigenen Sachbearbeiter ein, der sich fortan um die Beantwortung kümmerte (und dabei ganz nebenbei ein wenig Werbung machen konnte). Heute erinnert noch eine Plakette an das mittlerweile von Abbey National aufgegebene Haus. Die Versicherung sponserte außerdem die Statue von Sherlock Holmes vor der U-Bahn-Station Baker Street.

Nicht ganz dumm wurde in einem anderen Haus das privat betriebene Sherlock Holmes Museum mit der Hausnummer 221B gegründet, das tatsächlich zwischen 237 und 241 Baker Street liegt. Die Räume des Hauses sind so eingerichtet, wie Doyle die Räume von Holmes und Watson beschrieb. Auch einige Szenen aus Fernsehadaptionen sind nachgestellt. Über seinen Schöpfer ist jedoch wenig zu erfahren, denn seine Nachfahren weigerten sich, das Museum zu unterstützen.

Ein weiteres kleines Sherlock Holmes Museum befindet sich übrigens in Meiringen in der Schweiz nahe der Reichenbachfälle, an denen Oberschurke und Erzfeind Professor Moriarty seinen Widersacher Holmes angeblich um die Ecke brachte.

Weitere Orte mit Bezug zu Sherlock Holmes

Wer auf den Spuren von Sherlock Holmes wandeln will, der hat in London natürlich reichlich Auswahl. Am St. Batholomew’s Hospital erinnert eine Plakette im hauseigenen Klinikmuseum an den Meisterdetektiv, der hier in „A Study in Scarlet“ erstmals mit dem Kriegsveteranen und Arzt Dr. John Watson zusammentraf.

Der Pub in der Nähe des Trafalgar Square, der in „The Noble Bachelors“ eine wichtige Rolle spielte, heißt heute ganz offiziell The Sherlock Holmes und hat eine große Menge sehenswerter Sammlerstücke rund um die Bücher und Adaptionen angehäuft. Er liegt etwas versteckt in der Northumberland Street, dort wo sie in die Northumberland Avenue übergeht.

Das Lyceum Theater, in dem sich ein Teil von „The Sign of Four“ abspielte, ist auch heute noch in Betrieb. Wer hinein will, muss sich allerdings das Disney-Musical „The Lion King“ angucken, das dort seit mittlerweile über 20 Jahren spielt.

Ein letzter Ort der vor allem zum Pilgerziel der Fans der neuen BBC-Serie „Sherlock“ geworden ist, ist das Speedy’s Café, dessen Markise prominent in allen Folgen als Teil der Außenfassade von 221B Baker Street zu sehen ist. Es befindet sich jedoch NICHT in der Baker Street, sondern in 187 North Gower Street beim Bahnhof Euston, wo sich einfacher drehen ließ als in der belebten Baker Street. Den Besitzer des Cafés dürfte es gefreut haben, denn er kann seither nicht über Besuchermangel klagen.