Windsor Castle ist eine der drei Hauptresidenzen des jeweiligen amtierenden Monarchen und das größte durchgängig bewohnte Schloss der Welt. Queen Elizabeth II. hat nun sogar ihren Hauptwohnsitz nach Windsor verlegt – und einen Treppenlift installieren lassen.
Die Schlösser der Monarchie
Ganz leicht ist es nicht, den Überblick über die Besitztümer und Residenzen der britischen Monarchie zu behalten. Tatsächlich befinden sich drei Schlösser im offiziellen Besitz der Krone (Crown Estate), unabhängig davon, wer nun gerade auf dem Thron sitzt: Buckingham Palace im Zentrum von London, Holyrood Palace in Edinburgh als schottische Residenz und Windsor Castle als Wochenendresidenz.
Dazu besitzt Queen Elizabeth II zwei weitere Schlösser als Privateigentum: Sandringham in Norfolk (wo sie Weihnachten verbringt) und Balmoral Castle in Schottland (wo sie traditionell den August und September verbringt).
Bislang pendelte die Queen noch jede Woche zwischen Buckingham Palace und Windsor Castle, doch während der Stadtpalast im Zentrum der Metropole aufwändig renoviert wird, bleibt die Seniorin lieber in ihrer Burg in Berkshire mit ihren weitläufigen Grünflächen. Auch die zentralen Feiern zum Platinum Jubilee Anfang Juni werden dort stattfinden.
Windsor Castle: 1000 Jahre offizielle Residenz
Ein alter Witz ist die Frage, warum die Queen ihr Schloss ausgerechnet in die Einflugschneise des nahen Flughafens Heathrow gebaut hat. Tatsächlich ist Windsor Castle natürlich wesentlich älter als der Flughafen. Schon 1078 erwarb der Normanne William der Eroberer das Land, um hier eine von vielen Holzburgen zu bauen, die sich wie ein Schutzring um London legen sollten. Sein Enkel Henry II ließ die ersten umfangreichen Steinbauten errichten, von denen heute noch Reste im Round Tower zu sehen sind. Anschließend wurde Windsor Castle immer weiter verstärkt und ausgebaut, sodass es sich zur größten bewohnten Burg der Welt entwickelte.
Unter Edward III begann die Umgestaltung von einer mittelalterlichen Trutzburg zu einem Palast mit (für das 15. Jahrhundert) modernem Komfort. Die Tudors zogen sich nach Windsor zurück, wenn in London wieder mal die Pest grassierte oder anderweitig Unfrieden herrschte. Während des Bürgerkriegs wurde der Palast dann tatsächlich von den Parlamentariern besetzt und geplündert. Als die Monarchie wieder etabliert war, gab der neue König Charles II umfangreiche Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten in Auftrag.
Windsor Castle im 20. Jahrhundert
Queen Victoria machte Windsor Castle im 19. Jahrhundert zu ihrer Hauptresidenz, in der viele prachtvolle Feste gefeiert wurden. Zumindest bis das frühzeitige Ableben ihres Gatten Albert ihr die Lust daran verhagelte. Ihr Nachfolger Edward VII ließ erstmals Strom- und Telefonleitungen verlegen und führte eine Zentralheizung ein. Kuriosum am Rande: Bis zum ersten Weltkrieg trug die königliche Familie noch ganz offen ihren deutschen Familiennamen Sachsen-Coburg und Gotha, den Edward VII von seinem Vater Albert geerbt hatte. Als sich die Stimmung in England im 1. Weltkrieg gegen die Deutschen wendete, taufte sein Sohn, George V die Familie kurzerhand um und nannte sie House Windsor nach ihrer Residenz. Queen Elizabeth II hat von beiden Seiten deutsches Blut, denn auch ihre Oma Mary of Teck war halbe Deutsche.
Während des 2. Weltkriegs suchte die königliche Familie in Windsor Schutz vor den Bombenangriffen der Deutschen, während die Kronjuwelen im Keller versteckt wurden. Als Prinzessin Elizabeth 1952 schließlich den Thron bestieg, machte sie das Schloss zu ihrer bevorzugten Wochenendresidenz.
Im November 1992 brach ein großes Feuer in Windsor Castle aus und krönte damit das Annus Horribilis der Queen, die in diesem Jahr schon allerhand Skandale rund um ihre Kinder zu verdauen gehabt hatte. Ordentlichen Zoff gab es um die Finanzierung der Renovierungsarbeiten. 70% sollten durch Eintrittsgelder für Touristen gedeckt werden und die Queen selbst trug 2 Millionen Pfund vom eigenen Konto bei. Ein weiterer Schicksalsschlag: Ab 1993 zahlte sie freiwillig Einkommensteuer, um die Staatskasse zu entlasten.
Der Besuch von Windsor Castle
Natürlich können Touristen nicht einfach so ins Wohnzimmer der Queen spazieren, doch ein Besuch von Windsor Castle lohnt sich unbedingt. Wenn sie nicht gerade gebraucht werden, stehen beispielsweise die großen Empfangsräume offen, in denen die Queen ausländische Staatshäupter und Monarchen empfängt. Der Grand Reception Room war beim Feuer 1992 stark zerstört worden und glänzt seitdem in besonders üppiger Pracht. Die Waterloo Chamber wurde angelegt, um den Sieg über Napoleon zu feiern und an ihrem riesigen Tisch finden heute Staatsbankette statt.
Andere zur Besichtigung geöffnete Zimmer sind die Semi-State Rooms von George IV und die State Apartments von Charles II und seiner Frau Katharina von Braganza. Neben den prachtvollen Möbeln sind auch die Wände einen Blick wert, an denen viele alte Meister aus der privaten Kollektion der Royals hängen.
Eine Besonderheit ist das Puppenhaus von Queen Mary (Elizabeths Oma), das wohl größte und bekannteste Puppenhaus der Welt. Über 1500 Künstler und Handwerker trugen winzige Gegenstände vom Grammphon im Salon bis zur Nähmaschine im Zimmer einer Bediensteten bei. In der Bücherei stehen 170 Miniaturausgaben berühmter Bücher, um die Mary die Autoren persönlich gebeten hatte.
Die St. George’s Chapel
Ein weiteres Muss beim Besuch von Windsor Castle ist die St. George’s Chapel, die in ihrer heutigen Form im 15. Jahrhundert errichtet wurde. Trotz des Namens handelt es sich natürlich nicht um eine bescheidene Kapelle, sondern um eine prächtige Kirche, in der zahlreiche königliche Hochzeiten stattfanden.
Außerdem dient sie als letzte Ruhestätte vieler Monarchen, darunter dem legendären Frauenverschleißer Henry VIII und Charles I, der 1649 im Bürgerkrieg den Kopf verlor. Letzter Neuzugang ist Prince Philip, der im April 2021 nur zwei Monate vor seinem 100. Geburtstag verstarb.
Die Kirche ist Hauptsitz des Order of the Garter (Hosenbandorden), der wichtigste Orden der britischen Krone. Er wurde bereits im 14. Jahrhundert in Anlehnung an König Artus und seine „Ritter der Tafelrunde“ gegründet. Was es mit dem Strumpfband (Garter) auf sich hat, konnte nie geklärt werden.
Es handelt es sich um eine sehr exklusive Veranstaltung, der neben dem Monarchen selbst und dem Thronfolger nur 24 weitere Ritter (und Ritterinnen) angehören. Die prachtvollen bunten Flaggen in der St. George’s Chapel sind die Insignien der jeweils aktuellen Ordensmitglieder.
Ein Spaziergang über das Gelände
Die Eintrittskarten für Windsor Castle sind wie bei allen königlichen Residenzen gepfeffert: Erwachsene zahlen £26.50, samstags sogar £28.50. Die Tickets gewähren Zugang zu den State Apartments, der St George’s Chapel, dem Moat Room und dem Zimmer mit Queen Mary’s Puppenhaus. Donnerstags und Samstags findet mittags die pompöse Wachablösung (Changing of the Guards) im inneren Hof von des Schlosses statt.
Außerhalb der Burgmauern lädt das weitläufige Gelände zu einem Spaziergang ein. Besonders auffällig ist die Long Walk genannte Allee, die sich schnurgerade über mehr als vier Kilometer südlich des Schlosses hinzieht und an der Cumberland Lodge endet. Ursprünglich lebte hier der Parkverwalter, heute ist hier eine gemeinnützige Stiftung ansässig. Sehenswert sind der künstliche See Virginia Water Lake und der Savill Garden. Hier gibt es auch Cafés und Toiletten.
Wer nicht ganz so weit laufen will, der kann von Windsor Castle aus auf einem ebenfalls schnurgeraden Weg in östliche Richtung bis zum Themseufer laufen und über den Queen Elizabeth’s Walk wieder zurückkehren. Der Weg führt an Frogmore House und dem Royal Mausoleum vorbei, der letzten Ruhestätte von Queen Victoria und Prince Albert.
Zum Gelände gehört auch Frogmore Cottage, das sich Prince Harry für viel Geld vom Steuerzahler herrichten ließ, er er dann mit Frau und Kind in die USA umzog. Dies sorgte für so viel Ärger, dass der Prinz schließlich in die eigene Tasche greifen musste, um die Kosten zu bezahlen. Mittlerweile ist Prinzessin Eugenie, die Enkelin der Queen, mit ihren Gatten dort eingezogen.
Im Ort Windsor selbst führt die Brücke Eton Walkway über die Themse. Von hier ist es noch ein guter Kilometer bis Eton College, dem berühmten Jungen-Internat der englischen Oberschicht, das für Besucher jedoch nicht geöffnet ist.
Der Weg nach Windsor Castle
Wie Hampton Court Palace ist auch Windsor Castle von der Londoner Innenstadt aus nicht so leicht zu erreichen. Vom Bahnhof Waterloo fahren Züge direkt zum Bahnhof Windsor & Eton Riverside, vom Bahnhof Paddington über Slough nach Windsor & Eton Central. Trotz Umstieg geht es hier schneller: Die Fahrt dauert etwa 30 bis 45 Minuten, während die Fahrt ab Waterloo eine Stunde dauert. Von beiden Zielbahnhöfen ist Windsor Castle nur einen Katzensprung entfernt.
Auf der High Street sind sämtliche britische Ketten von Costa über Pizza Express bis Nando’s versammelt, sowie Fast Food Lokale, Pubs und einige wenige unabhängige Restaurants.