Bluebells in England: Eine ganz besondere Hype

Was den Japanern die Kirschblüte ist den Engländern die Zeit der Bluebells. Von Ende April bis Mitte Mai breiten diese kleinen Blumen bezaubernde blaue Blütenteppiche aus, die Scharen von Besuchern in die Wälder locken. Zu sehen sind sie fast überall im Land.

Was sind Bluebells überhaupt?

Die in England Bluebells genannten Blumen heißen hierzulande Hasenglöckchen. Genauer gesagt handelt es sich um das Atlantische Hasenglöckchen, das auch Waldhyazinthe genannt wird und auf den botanischen Namen Hyacinthoides non-scripta hört. Sein Verbreitungsgebiet ist ein langer Streifen von Portugal über Spanien und Frankreich bis Irland und Schottland, wo es vor allem in Wäldern gedeiht.

Nirgendwo wird eine solche Hype um die Bluebells gemacht wie in Großbritannien, wo die Pflanze seit 1981 sogar nach dem Wildlife and Countryside Act unter besonderem Schutz steht. Das Pflücken ist danach erlaubt, aber nicht das Ausgraben der ganzen Pflanze, um sie mit nach Hause zu nehmen. Aufgrund der begeisterten Kultivierung befindet sich heute gut die Hälfte des gesamten weltweiten Vorkommens in Großbritannien.

Ab etwa Mitte April beginnen die Bluebells zu blühen und vor allem zum ersten Bank Holiday um den Maifeiertag machen sich dann Heerscharen von Naturliebhabern auf, um die blaue Blütenpracht in den Wäldern zu bewundern.

Wo gibt es Bluebells in England zu sehen?

Der englische Wildlife Trust hat auf seiner Website mittlerweile über hundert Bluebell Woods verzeichnet, also Wälder, in denen die Hasenglöckchen größere Teppiche gebildet haben. Dies hat den Vorteil, dass es Besucher nie weit zu einem Gebiet mit Bluebells haben. So richtig wild sind dabei übrigens die wenigsten Wälder. Meist haben Landschaftsgärtner ordentlich nachgeholfen.

Kew Gardens

Kew Gardens, die Botanischen Gärten von London, sind für sich genommen schon ein lohnenswertes Ausflugsziel, das wir noch ausführlicher vorstellen werden. Natürlich fehlen auch hier die Bluebells nicht, die im Bereich „Natural Area“ gedeihen, einem naturbelassenen Waldstück am Ufer der Themse. Die Blütenteppiche hier sind relativ klein, doch für einen ersten Eindruck reicht es und vor allem ist Kew Gardens für London-Touristen besonders einfach per U-Bahn (District Line) zu erreichen.

Wakehurst

Noch mehr Bluebells gibt es in der Zweigstelle von Kew Gardens in Wakehurst, einer bezaubernden Anlage südlich der Stadt Crawley in Sussex. Wer nicht mit dem eigenen Auto kommt, nimmt den Zug nach Haywards Heath und dann die Buslinie 272.

Sheffield Park

Nicht weit von Wakehurst entfernt hat sich Sheffield Park in Sussex zu einem neuen Ziel für Bluebell-Fans entwickelt. Hier wurde ab 2002 ein großes Waldstück aus dem 17. Jahrhundert umgestaltet und mit neuen Wegen zum Spazierengehen zwischen blauen Blütenteppichen durchzogen. Sheffield Park ist außerdem Endstation der sogenannten Bluebell Railway, einem touristischen Dampfzug, der von hier nach East Grinstead tuckert, wo sich auch ein regulärer Bahnhof befindet.

Emmetts Garden und Ightham Mote

Emmetts Garden südöstlich von London in der Grafschaft Kent ist ein Landgut mit angrenzendem Waldgebiet voller Bluebells. Da die Hasenglöckchen hier tatsächlich seit Jahrhunderten wild wachsen, gilt der Wald als Site of Special Scientific Interest (SSSI) und die Blumen dürfen hier nicht einmal gepflückt werden. Es gibt zwei große Parkplätze in Emmets Garden und Toys Hill, wo sich auch eine Bushaltestelle befindet. Ganz in der Nähe liegt mit Scathes Wood in Ightham Mote ein weiteres Waldgebiet, in dem nicht nur Bluebells gedeihen, sondern auch viele Wildtiere einen Rückzugsort gefunden haben.

Clumber Park

Das Waldgebiet von Clumber Park zwischen Sheffield und Nottingham trägt sogar den Namen Bluebell Woods und ist eines der beliebtesten Ausflugsziele im nördlichen England. Einst war Clumber Teil des legendären Sherwood Forest von Robin Hood, ehe die Dukes of Newcastle ihr Landgut Anfang des 17. Jahrhunderts als Jagdgebiet für Queen Anne einzäunten. Das Haus mit seinem Discovery Centre und die Kapelle St. Mary’s sind ebenfalls einen Blick wert. Besonders praktisch: Besucher können Fahrräder mieten, um die weitläufige Parklandschaft zu erkunden. Der nächste Bahnhof befindet sich etwa fünf Kilometer entfernt in Worksop.

Hardcastle Crags

Noch weiter nördlich liegt Hardcastle Crags in West Yorkshire, ein Tal, das sich auch schonmal als englische Schweiz bezeichnet. Ein beliebtes Fotomotiv ist die Wassermühle Gibson Mill, die einst eine Baumwollspinnerei antrieb und heute ein Café beherbergt. Wanderwege führen durch dien Wald, in dem im Mai (etwas später als im Süden) die Bluebells blühen. Der nächste Bahnhof befindet sich in Hebden Bridge. Von hier geht es mit dem Bus weiter oder gleich zu Fuß.

Enys Garden

Enys Gardens ist eine bezaubernde Anlage in der Nähe von Penryn in Cornwall und der ideale Ort für Bluebell-Fans im Westen von England. Eine Woche lang um den Maifeiertag wird hier das Bluebell Festival gefeiert, wenn die Blüte ihren Höhepunkt erreicht. Die Gärten werden bereits seit dem 19. Jahrhundert von der Familie Enys gepflegt und kultiviert und dürfen sich heute durchaus botanische Gärten nennen. Eine Besonderheit ist der New Zealand Garden. Er entstand, nachdem JD Enys nach 30 Jahren in Neuseeland mit den Taschen voller Pflanzen und Samen zurückkehren.

 Buckland Abbey

Ausgangspunkt für Wanderungen durch die blauen Blütenteppiche im Tavy Valley nördlich von Plymouth ist die mittelalterliche Buckland Abbey, einst Wohnsitz von Sir Francis Drake. Die Abtei selbst ist heute als Produzent von Cider bekannt und bietet Übernachtungsmöglichkeiten an. Von hier führt ein Weg zu den Resten des Great North Wood, der heute nicht mehr ganz so great ist. Um die Bluebells rankt sich hier eine schöne Legende: Wer es schafft, eine Blüte von innen nach außen zu stülpen ohne sie kaputtzumachen, wird seine wahre Liebe finden. Auf die Probe darf es jedoch niemand stellen, denn das Pflücken der Hasenglöckchen ist hier verboten.

Bickling Estate

Ein letzter Tipp für Bluebells Freunde ist die Bickling Estate in Norfolk nördlich von Norwich. Alleine das prachtvolle Schloss Blicking Hall ist die Anfahrt schon wert. Das Gut befand sich früher im Besitz der berühmt-berüchtigen Boleyn Familie und angeblich wurden Anne Boleyn und ihre Geschwister Mary und George hier geboren. Das heutige Schloss stammt jedoch aus der jakobinischen Zeit und kann teilweise besichtigt werden. In den weitläufigen Wäldern und Parks sind neben Bluebells auch viele andere Blumen zu bewundern. Busse fahren von Norwich nach Aylsham, von dort lässt sich Blicking Estate zu Fuß erreichen.