Stratford-Upon-Avon: Die Heimat von Shakespeare

Kaum jemand wird in England so verehrt wie der Schriftsteller William Shakespeare. Ein entsprechend beliebtes Ziel für Touristen (und Schulklassen!) ist sein Geburtsort, das charmante Stratford-Upon-Avon in Warwickshire.

Wer war William Shakespeare?

Für Ausländer ist nur schwer nachzuvollziehen, wie sehr William Shakespeare und seine Werke in der englischen Kultur verwurzelt sind. Der Vergleich mit Goethe und Schiller ist hier nur unzureichend. Unzählige Ausdrücke der englischen Alltagssprache stammen aus seiner Feder und haben von dort den Sprung in andere Sprachen geschafft, zum Beispiel das auch bei uns verwendete Herz aus Gold (aus „Henry V“) oder bei neuen Bekannten das Eis brechen („Taming of the Shrew“). Shakespeares Stücke werden jedes Jahr auf unzähligen Bühnen von kleinen Amateurensembles bis zum Londoner West End gespielt, immer wieder neu verfilmt oder adaptiert.

Über den historischen William Shakespeare ist relativ wenig bekannt. Er wurde 1564 in Stratford-upon-Avon geboren und starb dort aus nie geklärten Gründen bereits im Alter von 52 Jahren. Mit seiner Frau Anne Hathaway hatte er drei Kinder: Susanna und die Zwillinge Hamnet und Judith. In seiner Lebzeit verfasste er nicht weniger als 39 Schauspiele, sowie 154 Sonnette und andere Gedichte. In Stratford-upon-Avon sind heute noch einige Gebäude mit Bezug zu Shakespeare zu sehen, die entsprechend vermarket werden.

Die Stadt Stratford-upon-Avon

Der Name Stratford bezeichnet eine Furt, über die eine Straße durch einen Fluss geführt werden kann. In diesem Fall der Avon, wobei das keltische Wort Avon eigentlich auch nur Fluss bedeutet. Schon in der Antike durchquerte eine römische Straße hier den Avon, doch eine permanente Siedlung entstand erst zur Zeit der Angelsachsen. Unter John of Coutances entwickelte sich ab 1196 eine (damals) moderne Marktstadt, die schnell wuchs.

Seine größte Blüte erlebte Stratford-upon-Avon im 15. bis 17. Jahrhundert, als die Stadt von den nahen Cotswolds und den dortigen Schafherden profitierte. Zahlreiche Gerbereien, Webereien und andere verarbeitende Betriebe waren in Stratford ansässig. William Shakespeares Vater John arbeitete beispielsweise in einer Manufaktur für Handschuhe.

Allerdings entwickelte sich Stratford-upon-Avon trotz seiner wirtschaftlichen Bedeutung und der günstigen Lage am Avon nie zu einer Großstadt. Heute leben etwa 30.000 Menschen in der beschaulichen Stadt, die stark vom Tourismus abhängig ist. Sage und schreibe drei Millionen Besucher strömen jedes Jahr in die kleine Innenstadt, um auf den Spuren von Shakespeare zu wandeln und bestenfalls eine Aufführung der Royal Shakespeare Company zu besuchen.

Auf Shakespeares Spuren durch Stratford-upon-Avon

Praktischerweise liegen die meisten Sehenswürdigkeiten entlang einer Route, die auch Stratford’s Historic Spine genannt wird. Sie beginnt in der Henley Street mit Shakespeares Geburtshaus, einem typischen Fachwerkhaus aus dem 16. Jahrhundert, das heute als Museum offen steht. Zwar gibt es hier nichts zu sehen, das tatsächlich mit dem großen Dichter zu tun haben, doch es ermöglicht einen interessanten Einblick in das Leben jener Zeit.

Von hier führt die Route entlang der High Street, die in die Chapel Street übergeht. Sie ist mit zahlreichen historischen Gebäuden wie dem Garrick Inn und Harvard House gesäumt ist. An der Ecke zur Chapel Lane wartet Shakespeares Schulgebäude, in dem der junge William 1570 tatsächlich die Schulbank drückte. Heute ist es ein beliebtes Ziel für Schulklassen, die hier üben, mit einer Feder zu schreiben.

Entlang der Chapel Lane geht der Spaziergang weiter zum Ufer des Avon, wo der moderne Betonklotz des Royal Shakespeare Theatre wartet. Letzte Station ist die Holy Trinity Church mit Shakespeares Grab.

Wer noch nicht genug von „the Bard“ hat, der kann die etwa 1,6 Kilometer zum Nachbarort Shottery gehen, wo sich Anne Hathaway’s Cottage befindet, die Farm auf der William’s Ehefrau aufwuchs. Auch dieses bezaubernde Haus lohnt sich nicht nur für Shakespeare-Liebhaber, sondern für alle Geschichtsfans. Im Garten sind sechs Statuen mit berühmten Figuren aus den Schauspielen verteilt.

Was gibt es noch zu sehen?

Die vielen historischen Häuser aus der Tudor-Zeit sind selbst ohne direkten Bezug zu Shakespeare die größte Sehenswürdigkeit des charmanten Ortes. In Hall’s Croft lebte seine Tochter Susanna mit ihrem Ehemann John Hall, einem Arzt und in den Innenräumen ist heute eine kleine Ausstellung über medizinische Behandlungsmethoden zu sehen. Beide zogen später in das Haus New Place, das noch Shakespeare selbst gehört hatte und das heute verschwunden ist. Vom Nachbarhaus Nash’s House ist der Zugang zu den noch vorhandenen schönen Gärten möglich.

Tudor World in der Sheep Street ist ein Living History Museum, das seinen Besuchern das elisabethanische Zeitalter näher bringt. Eher zum Schmunzeln sind The Creaky Cauldron, eine Art magisches Museum in der Henley Street, und die Magic Alley.

Ausnahmsweise gar nichts mit Shakespeare hat das MAD Museum zu tun, wobei MAD für „Mechanical Arts and Designs“ steht. Hier kommen kleine und große Kinder manchmal nicht aus dem Staunen heraus – vor allem, weil viele der mechanischen Geräte selbst bedient werden dürfen.

Keine Touristenattraktion im eigentlichen Sinne ist der Avon, der jedoch zu einer Ruhepause im Grünen einlädt, zum Beispiel in den Bancroft Gardens zwischen dem Canal Basin und dem Theater der RSC. Wer mag, kann sich mit einem großen Kanalboot über den Avon schippern lassen oder selbst ein kleines Ruderboot mieten. Am Südufer gibt es noch einige weitere familienfreundliche Attraktionen wie ein Riesenrad und die Butterfly Farm mit exotischen Schmetterlingen.

Die Royal Shakespeare Company in Stratford-upon-Avon

Die Royal Shakespeare Company ist eines der renommiertesten Theaterensembles von England mit eigenen Spielstätten in Stratford-upon-Avon und London. Fast alle der größten englischen Theater- und Filmstars standen schon für sie auf der Bühne und so manche von der RSC entwickelte Produktion ging später um die Welt. Allerdings wird in den beiden Theater in Stratford-upon-Avon nicht immer Shakespeare gespielt – es lohnt sich also, einen Blick auf den Spielplan zu werfen. Zur Auswahl stehen das größere Royal Shakespeare Theatre mit etwa 1000 Plätzen und das kleinere Swan Theatre mit 450 Plätzen. Die Royal Shakespeare Company hat übrigens nicht mit dem beliebten Globe Theatre in London zu tun, dem Nachbau des originalen Theaters von William Shakespeare am Südufer der Themse.

Praktische Informationen

Theoretisch lässt sich der Besuch von Stratford-upon-Avon als Tagesausflug von London aus bewerkstelligen. Die schnellsten Verbindungen mit einmaligem Umsteigen in Leamington Spa dauern etwa zwei Stunden. Es wäre jedoch schade, denn in der Umgebung gibt es noch viele weitere schöne Dinge zu entdecken, zum Beispiel die beeindruckende Burg Warwick Castle und die idyllischen Cotswolds mit ihren Bilderbuchdörfern. Besser ist es also, Stratford-upon-Avon als Ausflug im Rahmen einer längeren Reise in die Region zu planen.

Natürlich lohnt es sich auch (vor allem beim Besuch eines Theaterstücks der RSC) in Stratford-upon-Avon selbst zu übernachten. Viele Hotels haben sich lediglich eine Fachwerkfassade gegönnt, doch das White Swan Hotel stammt tatsächlich aus dem 15. Jahrhundert. So kann es mit Fug und Recht behaupten, dass Shakespeare selbst zu seiner Zeit in der damaligen Taverne gezecht hat.

Wer tief in die Tasche greifen will, der kann sich auch eine Übernachtung im prachtvollen Ettington Park Hotel gönnen, einem Landsitz aus dem 19. Jahrhundert, mit einer Architektur irgendwo zwischen Harry Potter und Downton Abbey. Zum Hotel gehört ein Wellnessbereich mit Innenpool und Sauna. Das Hotel liegt etwa zehn Kilometer südlich von Stratford-on-Avon, eine Bushaltestelle liegt quasi vor der Haustür.